Luzerner Zeitung - November 2024

Er verabschiedet sich mit Doppel-Gold

Pascal Egger beendet seine Laufbahn als Karatekämpfer. Das Beste hat sich der 41-jährige Luzerner für den Schluss aufgehoben.

Er verabschiedet sich mit Doppel-Gold
Pascal Egger (rechts) bei seinem Einsatz an der EM in Tallinn.

«Es ist schon unbeschreiblich. Jeder Sportler würde seine Karriere gerne auf diese Weise abschliessen.» Pascal Egger blickt auf eine perfekte Derniere zurück. An der offenen Europameisterschaft im Shukokai-Karate in Tallinn gewann der 41-jährige Luzerner gleich zwei Mal Gold. Zunächst bezwang er im Schwergewichtsfinal (+85 kg) den Amerikaner Eric Aristizabal nach 0:2-Rückstand mit 5:2 und errang damit seinen ersten EM-Titel im Einzel der Elite überhaupt. 20 Minuten später eröffnete er bereits den Team-Endkampf, in dem sich die Schweizer mit Gastgeber Estland massen.

Fünf Akteure standen sich jeweils in Einzelduellen gegenüber, Egger gewann gegen den 22 Jahre jüngeren Markus Kanter ohne Probleme mit 6:1. Am Ende setzte sich die Schweiz dank zwei Siegen, zwei Remis und einer Niederlage mit 2:1 durch. «Es herrschte eine tolle Stimmung. Die Schweizer Delegation sorgte für Heim-Atmosphäre und hätte dafür auch eine Medaille verdient», berichtet Egger. Damit gewann die Schweiz als Team zum vierten Mal in Serie EM-Gold. Die Premiere hatte sie vor sieben Jahren geschafft – damals ebenfalls in Tallinn.

Egger zeigt Markenzeichen zum letzten Mal

Bereits vor der Krönung hatte Pascal Egger seinen Rücktritt bekannt gegeben. «Der Moment fühlt sich richtig an», erklärt der Luzerner und er führt aus: «Es war mein Wunsch, meinen letzten Wettkampf mit einer Topleistung abschliessen zu können. Man soll mich als Athleten so in Erinnerung behalten, wie ich an dieser EM aufgetreten bin.» Seine Ruhe auf der Kampfmatte ist dabei ebenso ein Marken-zeichen wie der «Ushiro-Geri» – der Rückwärts-Fusstritt, bei dem der Fuss mit einer Dre-hung den Bauch des Gegners trifft. Gleich dreimal glückte er ihm in seinen beiden Finalkämpfen nach Mass.

Damit zieren jeweils ein WM- und EM-Titel im Einzel, sowie viermal Gold an einer Team-EM sein Palmarès, weitere Erfolge gelangen ihm in seiner Juniorenzeit (ein WM-, zwei EM-Titel). Erstmals überhaupt blieb er dabei an einem Turnier ungeschlagen, in Tallinn gewann Egger sämtliche Einzel- und Teamkämpfe, insgesamt stand er sieben Mal im Einsatz. Neben seinen kämpferischen Qualitäten profitierte der 1,81-Meter grosse Karateka von der Ausdauer, welche er sich in seinem neu entdeckten Hobby angeeignet hat. «Auch das kann ich nicht
ganz ohne Ehrgeiz ausüben.»

Sein Hobby: der ultimative Radmarathon

Die Rede ist vom Radrennsport, im Speziellen vom Swiss Cycling Alpenbrevet. Beim ultimativen Radmarathon mit Start und Ziel in Andermatt meldete sich Egger gleich für die härteste Kategorie an – die Platintour. Rund 270 Kilometer führen über fünf Pässe und 6800 Höhenmeter. An einer Karate-EM hilft ihm dieses Durchstehvermögen, wenn er den ganzen Tag in der Halle auf seine Einsätze wartet. «Wenn schliesslich der Final am Ende eines langen Turniertages ansteht, hilft diese Ausdauer, um nochmals eine Top-Leistung abzurufen.»

Dass Pascal Egger auf den Leistungssport setzen würde, war lange nicht absehbar, auch wenn er seit seinem elften Lebensjahr Karate betreibt. Als Bankangestellter arbeitete er zunächst im Kreditkartenbereich, ehe er sich gemeinsam mit seiner Partnerin Antonella Bergamin entschied, eine Karateschule zu gründen und das Hobby zum Beruf zu machen. So entstand im Jahr 2009 das Dojo «Kimura Shukokai Karate Luzern», heuer feiert es das 15-Jahr-Jubiläum. Und so wird Karate nach dem Rücktritt als Turnierkämpfer freilich nicht aus seinem Leben verschwinden.

Der Träger von sechs schwarzen Gürteln (6. Dan) amtet weiterhin als vollamtlicher Karatelehrer, Trainer des Nationalkaders und stellt sich künftig auch als Schiedsrichter zur Verfügung. Wichtiger als die Erfolge waren für ihn dabei stets das Verhalten auf und neben der Wettkampffläche. «Werte wie Respekt, Bescheidenheit, Demut und Freundschaft sollten ehrlich gelebt werden. Diese Grundsätze bilden das Fundament, gewonnene Pokale sind Zugabe.»

Autorin: Stephan Santschi