Luzerner Zeitung – Juli 2019

Ein historischer Exploit

Grosserfolg für die Luzerner Kimura-Shukokai-Schule: An der WM in Bratislava gewinnen die U18-Juniorinnen mit dem Team gleich zwei Goldmedaillen. Das hat es so wohl noch nie gegeben.

Ein historischer Exploit
Das erfolgreiche Luzerner Quartett Leoni Kaufmann, Elea Cantrarella, Jesika Kostov und Valentina Brun (von links) freut sich zusammen mit Trainer Pascal Egger über die Weltmeistertitel.Bildquelle: Sacha Brun

Es war ein Tag, an dem einfach alles geht. Ein Tag, der in der Geschichte der Karateschule Kimura Shukokai International einen Ehrenplatz einnimmt. Am Donnerstag, 20. Juni, errangen die Luzernerinnen an der Weltmeisterschaft des Verbands WUKF in Bratislava nämlich gleich zwei Goldmedaillen mit dem U18-Team. «Das, so versicherte man uns vor Ort, habe es überhaupt noch nie gegeben», berichtet der stolze Trainer Pascal Egger.

«Irgendwie hat es einfach gepasst. Das ist umso bemerkenswerter, als dass die beiden Wettbewerbe gleich hintereinander stattfanden. Wir mussten nach dem ersten Triumph sofort wieder runterfahren und so tun, als ob wir noch nichts gewonnen hätten.»

Insgesamt beteiligten sich 2384 Athleten aus 41 Nationen am Grossanlass in der Nepela-Arena, die jüngst auch Austragungsort der Eishockey-WM gewesen war. So viele Teilnehmer hätten noch nie an einer Karate-WM teilgenommen, heisst es.

Nervenkitzel für Trainer und Karatekas

Und damit rein ins Geschehen: Als erstes stand der normale Team-Event auf dem Programm. Die dreiköpfigen Equipen massen sich in vorher festgelegten Duellen im Ippon-Shobu-Kampfsystem. Das heisst: Ein einzelner Kampf dauerte zwei Minuten oder bis zum ersten vollen Punkt (Ippon). Zunächst gewannen die für die Schweiz startenden Luzernerinnen die Best-of-3-Serie gegen England mit 2:1, dann zwangen sie Zypern in die Knie (2:0) ehe im Final Dänemark (2:1) geschlagen werden konnte. Der erste Weltmeistertitel war im Trockenen, der wahre Nervenkitzel sollte aber erst noch folgen. Wettkampf Nummer zwei war nämlich die sogenannte Team-Rotation. Hierbei schickt der Trainer eine erste Kämpferin aufs Feld, kann diese aber je nach Verlauf alle 15 Sekunden auswechseln. Einzige Vorgabe: Alle Athletinnen müssen in der vierminütigen Wettkampfzeit eingesetzt werden. «Mit dem Drücken auf einen Knopf signalisiere ich jeweils meine Absicht zu einem Wechsel. Ich musste jeweils in kurzer Zeit herausfinden, ob eine Paarung zu unseren Gunsten passt oder nicht», erzählt Egger.

Jesika Kostov gewinnt alle Punkte im Final

Ebenfalls speziell: Die Gegnerschaft war wieder dieselbe wie schon im gewöhnlichen Team-Wettkampf davor. Nach Siegen gegen Zypern und England stand im Final erneut Dänemark als letzte Hürde im Weg. «Nach einem 0:2-Rückstand gaben wir nicht auf, kamen zurück und gewannen noch mit 3:2», erzählt Pascal Egger.

Die drei Punkte für die Schweiz gelangen dabei allesamt Jesika Kostov. Die 15-jährige Stadtluzernerin wurde damit zur Matchwinnerin und erhielt von Egger ein Sonderlob: «Auch wenn sie zum Teil einige harte Treffer einstecken muss, stellt sie sich weiter hin und bleibt dran. Sie ist mental eine starke Kämpferin.»

Elea Cantarella schlägt spätere Weltmeisterin

Nicht minder wichtig waren während des gesamten Wettkampftags auch die weiteren Teammitglieder. Jede übernahm Verantwortung und holte wichtige Punkte für die Schweiz. Die erst 13-jährige Elea Cantarella aus Kastanienbaum bezwang sogar die spätere U18-Einzel-Weltmeisterin Jade Edmead aus England. «Elea ist sehr athletisch und hat eine saubere Technik», bemerkt Egger. Valentina Brun, 16-jährig und aus Horw, gefalle derweil mit viel Power und einem guten Rhythmus. Und die 15-jährige Leonie Kaufmann aus Luzern sei mit 1,80 Meter überdurchschnittlich gross und profitiere sowohl von ihrer Reichweite als auch von ihrem ruhigen Kampfstil.

Apropos Kampfstil: Die WM in Bratislava war stilübergreifend, was für die Luzernerinnen ebenfalls eine Premiere darstellte. «Davor nahmen wir nur an internationalen Grossanlässen in unserer Stilrichtung teil», erklärt Egger. Wie der Name der Schule schon sagt, lehrt sie Kimura Shukokai. «Wir passen uns an die natürlichen Bewegungen des Körpers an. Wir optimieren den Einsatz unseres Körpers und versuchen, das körpereigene Potenzial auszuschöpfen.»

Im Oktober kämpft auch Pascal Egger um EM-Gold

Als nächstes steht sein Team an der Stil-Europameisterschaft im Oktober in Portugal im Einsatz. Dann wird der hochdekorierte Pascal Egger auch selber wieder aktiv eingreifen: Mit der Schweiz verteidigt der 35-Jährige den EMTitel im Team.

Autor: Stephan Santschi